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M-STADT / HOCHOBEN/GURRTE/DER/TAUBENDRECK

Veröffentlicht am von bausatzkonstrukt

Langsam, als müsse der Zug erst in die richtige Nachtform gebracht werden, fuhren wir in den Bahnhof ein. Nach etlichen Stunden , in denen ich kein Auge zu gemacht habe, hatte uns Wien endlich in seine großstädtische Haft aufgenommen. Auch wenn es sich vorerst nur um eine kurze Gefangenschaft handelte, die einer nachtmüden Bahnhofsseele.
In den Abteilen um mich herum herrschte Hecktik. Ich nahm meine Sachen und ging zur Ausgangstür. Der Nachthimmel war bewölkt. Den Menschen konnte es nicht schnell genug gehen. Koffer und Taschen führten sich unanständig auf, saßen eng zusammen in den Gängen und versperrten die Türen. Als sich die Tür öffnete , drängelte sich der Pulg nach draußen. Hoch oben unter dem Bahnhofsgewölbe, auf dünnem Gebälk , gurrten die Tauben um die Wette und freuten sich auf jeden neu Gekommenden. Die Tauben hatten es gut. Kraftvoll und in atemberaubendem Tempo schissen sie bündelweise gelb-grünlichen Süßstoff auf alles und jeden. Wie liebend gerne würde ich dieses Seuchenlager dort oben aufsuchen wollen und jeder Taube schön säuberlich den Schnabel brechen, ihn in der Mitte entzwei teilen, wie ein altes verschimmeltes Brot, dass man ihnen zum Frass vorwirft. Wie liebend gerne würde ich ihnen jede Kralle einzelnd aúsrupfen, den hecktisch suchenden Kopf wie einen Rotweinkorken zurück in den aufgeblähten Hals schrauben und sie solange in ihren eigenen Kotlachen wälzen, drehen und wenden, bis sie das absolute Versmaß an gelblicher, verklebter Federdichte erreicht hätten.
Hätte ich doch nur genug Zeit! Ich würde diesem gräulich, bleichen Stumpfsinn dort oben ein für alle Mal ein Ende bereiten. Niemals wieder, würden sie melacholische Taubenmelodien in die späte Nachtwelt posaunen können, schon gar nicht in die meine…      ( perrythadden.twoday.net/ )

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M
tja, da hatte ich diesen Text noch nicht gelesen:)
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